Donnerstag, 25. Oktober 2012

Gericht stärkt Schadenminderungspflicht bei Mietwagenkosten


AG München: Unfallgeschädigte müssen sich bei der Anmietung eines Ersatzwagens wirtschaftlich verhalten. Richter deklassieren Schwacke-Liste.


Im März 2010 kam es zu einem Verkehrsunfall. Der Unfallverursacher übersah, dass sein Vordermann anhielt und fuhr auf dessen Fahrzeug auf. Für den Reparaturzeitraum nahm sich der Geschädigte einen vergleichbaren Mietwagen, einen Audi A3 Attraction. 

Die Mietwagenfirma stellte für 12 Tage 2092,00 Euro in Rechnung. Die Versicherung des Schädigers bezahlte davon aber nur 840,00 Euro. Die weiteren Kosten hielt sie für überzogen. 

Darauf hin trat der Geschädigte seine Schadenersatzforderung an die Mietwagenfirma ab. Diese verklagte die Versicherung auf Zahlung des Restbetrages. Der zuständige Richter des Amtsgerichts München gab ihr aber nur zu einem sehr kleinen Teil Recht.


Geschädigter muss "wirtschaftlich" denken

Grundsätzlich könne der Geschädigte eines Verkehrsunfalls vom Schädiger den Ersatz derjenigen Mietwagenkosten verlangen, die ein verständiger, wirtschaftlich vernünftig denkender Mensch in seiner Lage für zweckmäßig und notwendig halten dürfe.

Nach dem aus dem Grundsatz der Erforderlichkeit abgeleiteten Wirtschaftlichkeitsgebots habe er im Rahmen des ihm zumutbaren, von mehreren möglichen, den wirtschaftlicheren Weg der Schadensbehebung zu wählen. 


Das bedeute, dass er von mehreren auf dem örtlichen Markt erhältlichen Tarifen für die Anmietung eines vergleichbaren Ersatzfahrzeuges innerhalb eines gewissen Rahmens grundsätzlich nur den günstigeren Mietpreis verlangen könne.

Schwacke-Liste nicht maßgeblich

Um diesen marktüblichen Tarif festzustellen, könne der Richter auf Listen und Tabellen zurückgreifen. Als Schätzgrundlage für die Höhe der nach einem Verkehrsunfall ersatzfähigen Mietwagenkosten sei dabei dem Marktpreisspiegel Deutschland 2008 des Fraunhofer Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation gegenüber der Schwacke-Liste der Vorzug zu geben.

Im Gegensatz zu anderen statistischen Erhebungen sei jene des Fraunhofer Instituts anonym und ohne Offenlegung des Umstandes durchgeführt worden, dass Zweck der Abfrage die Feststellung einer Preisübersicht war. 

Dementsprechend erscheinen die durch das Fraunhofer-Instituts festgestellten Werte näher an der Realität zu liegen und stellen damit eine bessere Grundlage für die Schätzung des Gerichts dar. 

Vor Anmietung Kosten mit Versicherung abklären

Nach dieser Liste ergebe sich ein erstattungsfähiger Betrag von 861,58 Euro. Nach Abzug der gezahlten 840 Euro sei der Klägerin daher noch 21,58 Euro zuzusprechen. Da der Klägerin nur 21,58 Euro zugesprochen wurden, sie aber 1252 Euro geltend gemacht hatte, musste sie auch die gesamten Kosten des Rechtsstreits zahlen. 

Es ist daher anzuraten, vor Anmietung eines Ersatzwagens zu überprüfen, ob dessen Kosten überhaupt erstattungsfähig sind, so das Amtsgericht München.

Fazit: Als Schätzgrundlage für die Höhe der nach einem Verkehrsunfall ersatzfähigen Mietwagenkosten ist dem Marktpreisspiegel Deutschland 2008 des Fraunhofer Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation gegenüber der Schwacke-Liste der Vorzug zu geben. 

Das Urteil ist rechtskräftig. Urteil des Amtsgerichts München vom 25.1.12, AZ 345 C 30646/11. (ucy)
Quelle: Redigierte Pressemitteilung des Amtsgerichts München.