Mittwoch, 19. Dezember 2012

Assekuranz ächzt unter hohen Schäden durch Wirtschaftskriminalität


Der Provisionsbetrug ist in der Assekuranz weit verbreitet. Die Branche hat ebenfalls mit Unterschlagung, Korruption und Diebstahl zu kämpfen. Das geht aus einer Studie der Beratungsgesellschaft PwC hervor.


Betrug, Unterschlagung, Korruption: Die Versicherungsbranche in Deutschland hat mit vielfältigen Erscheinungsformen der Wirtschaftskriminalität zu kämpfen. Insgesamt sind die Straftaten im Vergleich zu den Vorjahren bei den Versicherungsunternehmen zwar weiter rückläufig. Allerdings stieg der materielle Schaden der Wirtschaftsdelikte in der Assekuranz erheblich an.

Diese Ergebnisse gehen aus der Untersuchung „Wirtschaftskriminalität – Versicherungsbranche“ der Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers AG (PwC) hervor. Die 28-seitige Studie entstand gemeinsam mit Prof. Dr. jur. Kai Bussmann von der Martin-Luther-Universität Halle-Wittenberg. Die Studienautoren konnten, wie sie schreiben, dabei auf Angaben von 75 Versicherungen zurückgreifen, die im Sommer 2011 befragt wurden.
 

Provisionsbetrug stark verbreitet

Von Fällen des Provisionsbetrugs waren der Untersuchung zufolge 2011 rund 40 Prozent der befragten Versicherungsunternehmen betroffen. Im Vergleich zu anderen Ausprägungen der Wirtschaftskriminalität ist sie damit sehr weit verbreitet.

Bei dieser Deliktart ragen mit einer Quote von knapp 90 Prozent die Schaden- und Unfallversicherer heraus. Danach folgen die Lebensversicherer mit einer Quote von 60 Prozent, die über Fälle von Provisionsbetrug berichteten. Die Sparten Krankenversicherung (13 Prozent) und Rechtsschutz (7 Prozent) folgen mit weitem Abstand.

Die durchschnittliche Schadenhöhe durch Provisionsbetrug lag, gemessen in einem Zeitraum von 2009 bis 2011, bei 229.000 Euro. Von einer durchschnittlichen Schadenhöhe über 250.000 Euro berichtete der Studie zufolge jede dritte Versicherung.
 
Wenn Mitarbeiter zu Tätern werden

Straftaten von Tätern ohne direkte Geschäftsbeziehung zum Versicherer registrierten lediglich 15 Prozent der Unternehmen. Im Umkehrschluss heißt das, dass der größte Teil der Delikte von Mitarbeitern und Geschäftspartnern verursacht wird.

So berichteten der Untersuchung zufolge knapp die Hälfte der geschädigten Unternehmen aus der Assekuranz über einen Haupttäter aus den eigenen Reihen.
 
„Kommissar Zufall“ sorgt für Ermittlungen

Die Aufklärung von Straftaten wird dabei weder von systematischen Kontrollen (19 Prozent), noch von der internen Revision (drei von 100 Fällen) angeführt. Vier von fünf Delikten werden nach den Ergebnissen der Studie eher zufällig entdeckt.

Gunter Lescher, einer von zwei Studienautoren von PwC, diagnostiziert denn der Assekuranz „bei den Kontrollinstrumenten noch sehr großen Nachholbedarf“. „Kommissar Zufall“ spiele in der Assekuranz „noch eine deutlich größere Rolle als in der Gesamtwirtschaft“, sagte Lescher.
 
Sinkende Anzahl, jedoch größere Schäden

Mit einer Quote von 49 Prozent berichtete jedes zweite Unternehmen von einer Straftat. Damit ist die Anzahl der Delikte um 19 Prozent zwar gesunken. Im Vergleichszeitraum 2005 bis 2007 lag die Quote nämlich noch bei 68 Prozent. Die Kehrseite dieser erfreulichen Entwicklung: Die Schadenshöhe durch Wirtschaftsdelikte ist fast um das Dreifache angewachsen. Über alle Straftaten hinweg berechneten die Studienautoren eine durchschnittliche Schadenssumme in Höhe von rund 8,5 Millionen Euro.

„Die Millionenschäden durch Wirtschaftskriminalität mögen angesichts der aktuellen, massiven Kapitalmarktverluste nicht ins Gewicht fallen“, sagte Alexander Hofmann, Bereichsleiter Versicherungen bei PwC. Einzelschäden könnten nach seiner Einschätzung jedoch teilweise deutlich über den Durchschnittswert von 156.000 Euro liegen, die zum Beispiel für interne Untersuchungen oder Prozesskosten entstehen.

Hofmann verweist auch auf die „Belastungen durch Kriminalität im Dunkelfeld, also die nicht entdeckten Delikte“. So waren nach eigener Aussage 57 Prozent der Versicherer im Zeitraum 2009 bis 2011 mit hoher Wahrscheinlichkeit von Wirtschaftskriminalität betroffen, für die es jedoch keinen Nachweis gab.
 
„Prävention zahlt sich aus“

Dagegen konnte die Untersuchung einen Rückgang der Vermögensdelikte untermauern. Zu diesen zählen zum Beispiel Korruption, Unterschlagung oder Diebstahl. 43 Prozent der befragten Unternehmen berichteten für den Zeitraum 2011 über mindestens einen entdeckten Betrugs- oder Unterschlagungsfall. In der Untersuchung von 2007 betrug der Anteil noch 58 Prozent. Und die Anzahl der von Korruption geschädigten Unternehmen ging von 24 Prozent (im Zeitraum von 2005-2007) auf sieben Prozent in der aktuellen Befragung zurück.

Diesen Rückgang führen die Studienautoren der Untersuchung auf verstärkte Vorbeugung zurück. Sie maßen auch ein verstärktes Engagement der Assekuranz in Programmen zur Betrugsprävention. So verfügten heute über 80 Prozent der Befragten über ein Risikomanagement zur Betrugsprävention (2007: 59 Prozent).

„Die Umfrageergebnisse belegen, dass sich effektive Prävention auszahlt“, sagte PwC-Mann Lescher. Die sinkende Belastung der Vermögensdelikte „sollte die Versicherer darin bestärken, den eingeschlagenen Weg weiter zu gehen, um die Erfolge durch Prävention auch weiterhin voran zu treiben, so Lescher.

Eine „wesentliche Herausforderung“ der Assekuranz sieht der Manager dabei „vor allem in der Sicherstellung nachhaltiger Compliance. (ucy)