Montag, 9. Dezember 2013

Versicherer starten neue Auskunftei

Die Assekuranz rüstet im Kampf gegen Versicherungsbetrug auf. Im neuen Jahr wird die interne Schadenklassendatei offiziell als Auskunftei geführt. Damit führt die Branche zwei Auskunfteien parallel – das HIS und die neue Schadenklassendatei.


Die Versicherungswirtschaft hat ihre bisherige Schadenklassendatei reformiert. Sie wird ab 2014 offiziell als Auskunftei geführt. Bislang ist die Datei direkt beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) geführt worden. 

In enger Abstimmung mit den Datenschutzbehörden wird die GDV Dienstleistungs-GmbH & Co. KG (GDV DL) ab dem 01.01.2014 die Schadenklassendatei betreiben. Wie Johannes Caspar, der Hamburgische Beauftragte für Datenschutz und Informationsfreiheit (HmbBfDI) mitteilt, hat sich seine Dienststelle bereits mit dem Vorhaben der GDV DL beschäftigt. 

Die von seiner Dienststelle im Jahr 1983 erstmals überprüfte Malus-Datei soll durch eine automatisierte, elektronische Warndatei ersetzt werden, die als Auskunftei mit Sitz in Hamburg betrieben werden soll.

Tricksen beim Antrag

Die Schadenklassendatei spielt bei einem Wechsel des Auto-Versicherers eine wichtige Rolle. Der neue Versicherer fragt beim Vorversicherer die Schadenfreiheitsklasse (SF-Klasse) seines neuen Kunden ab. Durch einen einfachen Trick konnten Versicherungsnehmer dieses sogenannte Versicherungswechselbescheinigungsverfahren (VWB) umgehen: Sie gaben überhaupt keinen Vorversicherer an. Kirstin Zeidler vom Versichererverband GDV zeigt die bisherige Lücke anhand eines Beispiels.

Ein Kunde, dessen Vertrag aufgrund von Schadenhäufigkeit – von ihm selbst oder vom Versicherer – gekündigt wurde, verschweigt dem neuen Versicherer diesen Sachverhalt. Er gibt fälschlicherweise an, seit langem über Fahrerfahrungen zu verfügen, zuvor aber kein eigenes Auto besessen und somit auf seinen Namen versichert zu haben. Diese Fahrerfahrung wird bei der Ersteinstufung positiv berücksichtigt. „Allerdings entspräche diese Einstufung in keiner Weise dem tatsächlichen Risiko. Der Vertrag wäre falsch tarifiert“, so Zeidler. „So käme es dann im Weiteren zu einer unverhältnismäßig hohen Belastung der übrigen Versicherten“, erklärt GDV-Sprecherin Zeidler.

Wie bisher sollen in der neuen elektronischen Warndatei alle Verträge, die vom Kunden oder vom Versicherer gekündigt wurden und aufgrund des Schadenverlaufs ohne Kündigung in eine Schadenklasse gehören würden, eingemeldet werden. Behauptet ein Antragsteller, bisher keine Kfz-Versicherung gehabt zu haben, kann der Versicherer die Richtigkeit dieser Angabe durch Anfrage bei der Schadenklassendatei überprüfen. Derzeit werden die Anzahl und der Inhalt der importierten Meldungen und Anfragen protokolliert und ein Jahr gespeichert. 

Bei Anfragen gleicht das Programm ab, ob dazu ein passender Datensatz gespeichert ist. Im Falle eines Treffers wird ein Brief mit Name, Adresse und Kfz-Kennzeichen des Betroffenen an das anfragende Unternehmen versendet. Dieses papiergestützte Verfahren soll künftig auf ein automatisiertes vollprotokolliertes Abrufverfahren umgestellt werden, für das eine Stichprobenkontrolle in dem von den Aufsichtsbehörden grundsätzlich bei Auskunfteien geforderten Umfang durchgeführt werden soll.

5 Millionen Euro Verlust durch Falschangaben

Nach Angaben der Versicherungswirtschaft sei eine Prüfungsmöglichkeit unverzichtbar, weil in der Kfz-Haftpflichtversicherung ein gesetzlicher Annahmezwang gilt. Die derzeitige Malus-Datei enthielt nach Angaben der Hamburger Datenschutzbehörde für das erste Halbjahr 2012 47.779 Eintragungen. Es wurden 437.115 Anfragen der Versicherer vermerkt, die zu insgesamt 11.506 Treffern führten. Auf das Jahr hochgerechnet konnte durch die Datei nach Angaben der Versicherungswirtschaft jährlich ein Beitragsverlust von circa fünf Millionen Euro verhindert werden.

Die Versicherungswirtschaft sieht dabei keinen Grund zur Annahme, dass einer Meldung in die Schadensklassendatei überwiegende schutzwürdige Interessen der Betroffenen entgegenstehen. Die Datei werde ausschließlich für Anfragen von Kfz-Versicherungsunternehmen vorgehalten und nur in den Fällen abgefragt, in denen ein Antragsteller angegeben habe, dass er keine Vorversicherung hat. 

Die Speicherung sorge dann für eine risikogerechte Einstufung des neuen Vertrags. Das System solle gegenüber den Betroffenen transparent betrieben werden. Die Betroffenen sollen sowohl bei Vertragsschluss als auch bei Einmeldung in die Warndatei informiert werden.

„Das dargestellte Vorhaben wird von den Datenschutzaufsichtsbehörden in der nächsten Sitzung der Arbeitsgruppe Versicherungswirtschaft, in der alle Landes- und der Bundesdatenschutzbeauftragte vertreten sind, erörtert und datenschutzrechtlich bewertet werden,“ so Caspar. In „engem Austausch mit den Datenschutzbehörden“, ergänzt GDV-Sprecherin Zeidler, soll dabei eine Regelung im Datenschutzkodex (Code of Conduct) und eine unverbindliche Musterklausel folgen. (ucy)

Quelle: Dieser Artikel von mir erschien zuerst auf der Seite asscompact.de.