Freitag, 31. Januar 2014

Das Rentenpaket und die Versicherungswirtschaft

Nach gerade einmal vier Wochen im Amt, legt Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles die Rentenreform der Großen Koalition vor. Was verbirgt sich da im Rentenpaket von Union und SPD? Wie teuer werden die schwarz-roten Pläne? Und was sagt die Versicherungswirtschaft zu dem Vorhaben? Ein Überblick. 


Am kommenden Mittwoch will die Große Koalition das Rentenpaket auf den parlamentarischen Weg bringen. Das kündigte Bundeskanzlerin Merkel zum Abschluss der Kabinettsklausur in Meseberg an. Bei der Arbeit daran habe Arbeitsministerin Andrea Nahles die Unterstützung des gesamten Kabinetts. 

„Ich bin optimistisch, dass wir die Ressortabstimmung dann bis zum nächsten Mittwoch auch schaffen“, so die Bundeskanzlerin. Zu dem Vorhaben gehört die 
• abschlagfreie Rente ab 63 für langjährig Versicherte, 
• die verbesserte Mütterrente, 
• die Aufstockung von Erwerbsminderungsrenten und 
• mehr Geld für Reha-Leistungen. 

Die vier Pfeiler der Rentenreform 

Im Einzelnen: Der Referentenentwurf von Ministerin Nahles sieht vor, dass Arbeitnehmer mit 45 Versicherungsjahren künftig ohne Abschläge im Alter von 63 Jahren in Rente gehen können. Dabei sollen auch Zeiten des heutigen Arbeitslosengeldes I (bzw. des früheren Arbeitslosengeldes) angerechnet werden. Außen vor bleiben jedoch Zeitspannen, in denen Hartz IV (bzw. die frühere Arbeitslosenhilfe) bezogen wurden. Dagegen sollen Beitragszeiten der Selbständigkeit, der Pflege und der Kindererziehung (max. bis zu 10 Jahre) mit berücksichtigt werden. Kostenpunkt: Im Rentenentwurf werden die anfänglichen jährlichen Kosten auf knapp zwei Milliarden Euro beziffert. Auf 3,1 Milliarden Euro werden die Kosten dann bis um das Jahr 2030 steigen, so die Rechnung.

Die Mütterrente soll Müttern, deren Kinder vor 1992 geboren wurden, mehr Geld bescheren. Mütter im Westen erhalten dem Rentenentwurf zufolge rund 28 Euro monatlich mehr Rente – für ein Kind. Im Osten beläuft sich die Erhöhung pro Kind und Monat auf rund 26 Euro. Der Rentenzuschlag entspricht dabei dem Durchschnittsverdienst für ein Jahr. Kostenpunkt hier: Mit bis zu 6,7 Milliarden Euro jährlich ist die Mütterrente das teuerste „Geschenk“ im Rentenpaket von Nahles. 


Bei der gesetzlichen Erwerbsunfähigkeitsrente kommt es zu einer Aufstockung. Das heißt, dass Erwerbsunfähige mehr Rente erhalten sollen. Dies soll durch eine großzügigere Berechnung erfolgen. Konkret soll bei einer Erwerbsunfähigkeitsrente das durchschnittliche Einkommen des Antragstellers so berechnet werden, als wenn er bis zum 62. Lebensjahr seiner Arbeit nachgegangen wäre. Bisher wird die Höhe des Anspruchs bis zum 60. Jahr addiert. Bei diesem Posten geht das Arbeitsministerium von Ausgaben bis zu 2,1 Milliarden Euro jährlich aus. 

Das Budget für Reha-Leistungen soll in Zukunft jährlich um 200 Millionen Euro steigen. Rückwirkend zum 01.01.2014 sollen zunächst 100 Millionen der Reha-Arbeit zugutekommen. Hintergrund ist die Alterung der geburtenstarken Jahrgänge, die nun das Alter ab 45 Jahren erreichen, in dem zunehmend Reha-Leistungen beansprucht werden. 

Kommentar der Versicherungswirtschaft

Rechnet man die einzelnen Bestandteile der Reform zusammen, so ergeben sich Kosten in Höhe von 160 Milliarden Euro bis zum Jahr 2030. Im laufenden Jahr schlagen die Pläne mit Mehrausgaben von 4,4 Milliarden Euro zu Buche. So sieht denn die Versicherungswirtschaft die „nachhaltige Finanzierbarkeit der Alterssicherung... gefährdet“. Denn die Rentenpläne seien „einseitig auf Leistungsausweitungen der gesetzlichen Rentenversicherung ausgerichtet...“. 


Die Rente mit 63 hält der Versichererverband GDV schlicht für „falsch“. Dadurch würden nach dessen Ansicht nämlich „neue Ungerechtigkeiten im Verhältnis zu anderen Versichertengruppen erzeugt“. „Zweifel“ hegt der Verband auch bei der Mütterrente. „Anreize zu einer notwendigen Erhöhung der Geburtenrate werden nicht gesetzt“, so der GDV. Der Dachverband der Versicherer bezweifelt, dass durch die Mütterrente ein wesentlicher Beitrag zur Gerechtigkeit im Rentenrecht erreicht werden könne.

Begrüßt werden hingegen die vorgesehenen Maßnahmen zur Verbesserung der Reha-Leistungen und der Absicherung des Risikos der Erwerbsminderung. Es sei richtig, so der GDV, dass die Regierung die Ängste derjenigen aufgreife, die infolge der Reformen im Falle der Erwerbsminderung eine gesetzliche Rente unterhalb der Grundsicherung zu erwarten hätten. 

Um die Anreize zur geförderten Altersvorsorge zu verbessern und das aus drei Säulen bestehende Gesamtsystem zu stabilisieren, soll der Kreis der förderfähigen Personen im Rahmen der Riester-Rente um Selbstständige erweitert werden, wiederholt der Verband seine Forderung. Außerdem müsse die Förderung der Riester-Rente dynamisiert und der Dotierungsrahmen erweitert werden. Dies würde nach Ansicht des GDV die schleichende Entwertung der Förderung durch die Inflation ausgleichen und ebenfalls zum Abschluss der geförderten Vorsorge motivieren. (ucy

Quelle: Dieser Artikel von mir erschien zuerst auf der Seite asscompact.de.