Donnerstag, 6. Februar 2014

Die Betriebsrente als Haftungsfalle?

Das Bundesarbeitsgericht hat nun die Frage geklärt, ob Arbeitgeber zur Schadensersatz verpflichtet sind, wenn sie ihre Arbeitnehmer nicht darüber aufklären, dass ihnen ein rechtlicher Anspruch auf Entgeltumwandlung zusteht.


Arbeitnehmern steht seit 2002 ein rechtlicher Anspruch zu, Teile ihres Gehaltes zum Aufbau einer betrieblichen Altersvorsorge zu verwenden. Die entsprechende Regelung findet sich im Gesetz zur Verbesserung der betrieblichen Altersversorgung, oder kurz: im Betriebsrentengesetz (BetrAVG). 

Dort heißt es gleich zu Beginn im Paragrafen 1a, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber verlangen kann, dass von seinen künftigen Entgeltansprüchen eine betriebliche Altersversorgung aufgebaut werden soll. 

Strittig war indes bisher die Frage, ob der Arbeitgeber damit auch von sich aus auf diesen verbrieften Anspruch seiner Arbeitnehmer hinweisen muss. Nein, urteilte nun der dritte Senat des Bundesarbeitsgerichts (BAG). Der Arbeitgeber muss seine Mitarbeiter nicht explizit auf die Möglichkeiten einer Entgeltumwandlung hinweisen. 

Keine Aufklärungspflicht

Geklagt hatte ein Arbeitnehmer, der bis zum 30. Juni 2010 bei der beklagten Firma beschäftigt war. Nach Beendigung des Arbeitsverhältnisses verlangte er von seinem Arbeitgeber Schadensersatz in Höhe von 14,380,38 EUR. Begründung: Der Arbeitgeber habe es pflichtwidrig unterlassen, ihn auf seinen Anspruch auf Entgeltumwandlung nach § 1a Betriebsrentengesetz hinzuweisen.

Bei entsprechender Kenntnis seines Anspruchs hätte er nämlich Monat für Monat 215,00 Euro von seinem Gehalt in eine Anwartschaft auf Leistungen der betrieblichen Altersversorgung umgewandelt, argumentierte der Arbeitnehmer. Als Durchführungsweg hätte er die Direktversicherung gewählt.

Das Hessische Landesarbeitsgericht als Vorinstanz hatte mit Urteil vom 27. Juli 2011 die auf Zahlung von Schadensersatz gerichtete Klage abgewiesen. Die Revision des Klägers vor dem BAG blieb nun ebenso erfolglos. 

Das BAG entschied, dass weder nach § 1a BetrAVG noch aufgrund seiner Fürsorgepflicht der Arbeitgeber verpflichtet war, den Arbeitnehmer von sich aus auf seinen Anspruch auf Entgeltumwandlung nach § 1a BetrAVG hinzuweisen. Damit fehlte es an der für einen Schadensersatzanspruch erforderlichen Pflichtverletzung des Arbeitgebers, so die Richter in ihrem Urteil vom 21. Januar

Auswirkung auf die betriebliche Praxis 

Die Entscheidung ist für Arbeitgeber sicherlich als positive Nachricht zu werten, doch gleichwohl ist Vorsicht geboten, so Sascha Grosjean von der Kanzlei Taylor Wessing in Düsseldorf. Auf der einen Seite seien die Gerichte sicher auch weiterhin gehalten, die Hinweispflichten und die damit verbundenen Risiken für Arbeitgeber in einem vernünftigen Rahmen zu halten. 

Denn nur auf diese Weise werde bei Arbeitgebern die dringend erforderliche Akzeptanz für die betriebliche Altersversorgung erzeugt bzw. erhalten werden können, sagt Grosjean.

„Andererseits hat das BAG in anderen Entscheidungen sehr deutlich gemacht, dass der Arbeitgeber durchaus schadensersatzpflichtig sein kann“, sagt der Rechtsanwalt. „Insbesondere wenn der Arbeitgeber komplexe Versorgungssysteme anbietet oder wenn er freiwillig Beratungsleistungen anbietet. Mit anderen Worten: Erteilt der Arbeitgeber eine Auskunft, so muss diese inhaltlich richtig und vollständig sein.“

Vor diesem Hintergrund seien die Arbeitgeber gut beraten, die Betriebsrenten-Hinweise, die sie geben, auf grundsätzliche Themen zu beschränken. Zum Beispiel auf die im Unternehmen zur Verfügung stehenden Durchführungswege, die dazu abgeschlossenen Betriebsvereinbarungen oder auf die grundsätzliche Möglichkeit zur Entgeltumwandlung. Eine individuelle „Rentenbetreuung“ sollte aber in jedem Fall unterbleiben, um Haftungsrisiken zu vermeiden, rät Grosjean (ucy)

• Bundesarbeitsgericht, Urteil vom 21. Januar 2014 - 3 AZR 807/11 
• Vorinstanz: Hessisches Landesarbeitsgericht, Urteil vom 27. Juli 2011 - 6 Sa 566/11

Quelle: Dieser Artikel von mir erschien zuerst auf der Seite asscompact.de.