Mittwoch, 19. Februar 2014

Frühverrentungen durch Stress

Ausgelöst durch Stress sind psychische Erkrankungen in wachsendem Maß für Frühverrentungen verantwortlich. Bundesforschungsministerin Johanna Wanka will mit einem Forschungsnetz neue Erkenntnisse zu dieser Volkskrankheit erarbeiten. 


F
orscher aus ganz Deutschland sollen gemeinsam an neuen Erkenntnissen arbeiten, um psychische Erkrankungen besser zu verstehen. Das ist das erklärte Ziel des Forschungsnetzes psychische Erkrankungen, das Bundesforschungsministerin Johanna Wanka in Berlin vorgestellt hat. 

Durch das Netzwerk sollen Ärzte seelische Leiden besser vorbeugen, diagnostizieren und therapieren können. Stress sei eine wesentliche Ursache für psychische Erkrankungen, die zugleich in wachsendem Maß für Frühverrentungen verantwortlich sei, so die Bundesregierung. Forscher könnten heute die Funktion von Hirnarealen beobachten, in denen Stress verarbeitet werde. Daraus zögen sie Schlüsse, lange bevor es zu einer Erkrankung komme. 

Mehr und vor allem bessere Prävention sei deshalb eines der wichtigsten Ziele heutiger Gesundheitsforschung. Diese ist allerdings schwierig - und teuer. So kosteten modernste Magnetresonanztomografen, mit denen sich Hirnfunktionen beobachten lassen, mehrere Millionen Euro. In die Erforschung psychischer Erkrankungen zu investieren, lohne sich. 

Arbeitsausfall durch Depression

Neue Statistiken, so das Forschungsministerium, besagten, dass 40 Prozent aller Menschen in Deutschland mindestens einmal in ihrem Leben psychisch erkrankten. Die Krankheitstage aufgrund psychischer Erkrankungen haben von 2002 bis 2012 um 67 Prozent zugenommen. Während der durchschnittliche Arbeitsausfall bei allen Krankheiten zusammen genommen knapp 13 Tage dauert, beträgt er bei psychischen Erkrankungen knapp 36 Tage. Diese Zahlen legte die Vorsitzende des Spitzenverbandes der gesetzlichen Krankenkassen, Doris Pfeiffer, vor. 

Es gehe aber nicht nur um die volkswirtschaftliche Kosten, betonte Bundesforschungsministerin Johanna Wanka. „Entscheidend ist die Situation für die Betroffenen und für ihre Angehörigen, was unwahrscheinlich belastend ist. Deswegen ist es für den Patienten besonders wichtig, dass man in der Forschung in diesem Bereich weiter kommt“, sagte sie. Psychische Erkrankungen seien inzwischen ebenso eine Volkskrankheit wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Diabetes oder Krebserkrankungen, für die bereits Zentren zur Gesundheitsforschung bestünden.

Um auch psychische Erkrankungen verstärkt interdisziplinär und bundesweit zu erforschen, hat die Bundesregierung das Forschungsnetz zu psychischen Erkrankungen eingerichtet. Insgesamt 30 wissenschaftliche Einrichtungen aus ganz Deutschland werden gemeinsam an Depression, Angststörungen, Schizophrenie, Suchterkrankungen, Aufmerksamkeitsstörungen und Autismus forschen. Sie arbeiten in neun Verbünden zusammen. 

Für das Programm stehen insgesamt 35 Millionen Euro zur Verfügung. Ein wichtiger Aspekt der Forschung ist die Entwicklung neuer Medikamente. Bei Suchterkrankungen wird ein neues Konzept verfolgt, um die Versorgung abhängiger Menschen - unter anderem durch internetbasierte Dienste - zu verbessern. Begleitend dazu werden soziale Einflussfaktoren auf den Krankheits- und Therapieverlauf untersucht. (ucy)