Montag, 17. März 2014

Privatanleger treffen oft falsche Entscheidungen

Ein Verhaltensexperiment zeigt, dass Anleger Verlustrisiken unterschätzen, weil sie den Zinseszinseffekt nicht beachten.


Private Kleinanleger unterschätzen einer Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW Berlin) zufolge systematisch die Verlustrisiken von Finanzprodukten. Dies liege in erster Linie daran, dass Anleger den Zinseszinseffekt 
außer Acht ließen. 

Also das Wiederverzinsen von in der Vergangenheit erhaltenen Zinsen und damit einhergehende exponentielle Wachstumsprozesse. Im Fall eines möglichen Verlusts schätzen die Anleger der Untersuchung nach den Wert einer Investition deshalb zu hoch ein. 

Schon eine bloße Erinnerung zeigt Wirkung 

Das hat der Ökonom Christian Zankiewicz in Kooperation mit der Berliner Humboldt-Universität anhand eines Verhaltensexperiments an der Technischen Universität Berlin (TU) und am University College in London herausgefunden. 

Insgesamt 303 Studenten haben dabei Investitionsentscheidungen getroffen. Das Ergebnis: Bis zu 98 Prozent der Teilnehmer haben den Endwert ihrer Investition überschätzt. 

Erhielten die Teilnehmer zuvor Erklärungen zum Zinseszinseffekt, beurteilten sie den Ertrag ihrer Investition hingegen überwiegend richtig. „Eine bloße Erinnerung an den Zinseszinseffekt reicht oft schon aus, um privaten Kleinanlegern realistischere Einschätzungen des Anlagerisikos zu ermöglichen“, folgert DIW-Forscher Zankiewicz. 

„Die Politik sollte entsprechende Hinweise in Produktinformationsblättern daher zwingend vorschreiben“, fordert er. Je länger der Anlagezeitraum war, desto schlechter war die Einschätzung der Anleger. 

„Kleinanleger nicht im Regen stehen lassen“

Die Ergebnisse des Verhaltensexperiments bestätigten die Hypothese, dass Anleger bei ihrer Investitionsentscheidung statt einer korrekten Zinseszinsrechnung eine linearisierte Vereinfachung der Rechnung vornähmen und potentielle Verluste somit stark unterschätzten. Nach Ansicht des Autors sollten Anlageberater ihre Kunden künftig gezielt auf diesen Effekt hinweisen müssen. 

Auch die Bereitstellung realistischer Endwertberechnungen für unterschiedliche Anlagehorizonte könnte für mehr Klarheit beim Anleger sorgen. „Viele Menschen legen ihre Ersparnisse in lang laufende Altersvorsorgeprodukte an und machen davon in nicht unerheblichem Ausmaß ihre künftige finanzielle Lebenslage abhängig“, sagt Zankiewicz  „Die Politik sollte Kleinanleger daher nicht im Regen stehen lassen.“

Auch der Schulunterricht müsse über die Vermittlung mathematischer und vor allem statistischer Grundkenntnisse einen verstärkten Beitrag leisten. Statistische Maße wie der Median sowie ökonomische Wachstumsprozesse sollten eine größere Rolle im Unterricht spielen. 

Schüler bräuchten dieses Know-how, um im späteren Verlauf ihres Lebens Investitionsentscheidungen treffen, Kreditangebote korrekt einschätzen und Inflation oder Wirtschaftswachstum eigenständig und kritisch bewerten zu können. (ucy)

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