Freitag, 5. September 2014

Kartellrecht: EU fühlt Zusammenarbeit von Versicherern auf den Zahn

Die Gruppenfreistellungsverordnung für die Versicherungswirtschaft erlaubt es den Versicherern, in wichtigen Bereichen zusammenzuarbeiten. Obwohl die aktuelle GVO erst im März 2017 ausläuft, hat die EU-Kommission bereits jetzt mit der offiziellen Konsultation begonnen. Sie möchte Aufschluss über Marktentwicklungen und erfahren, ob die Verordnung ganz, zum Teil oder überhaupt nicht verlängert werden sollte. 


Verdrängung, Konsolidierung, Fusion – es weht ein rauer Wind im Versicherungs-Business. Es gibt aber noch die andere Seite der Medaille. Musterbedingungen, Sicherheitsrichtlinien, Studien und Statistiken – Versicherer arbeiten, trotz das sie Mitbewerber sind, in bestimmten Bereichen zusammen. 

Dies erlaubt ihnen die sogenannte Gruppenfreistellungsverordnung (GVO). Speziell für die Versicherungswirtschaft ist zuletzt zum 01. April 2010 eine neue GVO in Kraft getreten (Vers-GVO 2010). Auf deren Grundlage ist zum Beispiel die Freistellung vom Kartellverbot für Mitversicherungsgemeinschaften oder die branchenweite Statistikarbeit geregelt. Die Vers-GVO 2010 ist bis zum März 2017 gültig. 

Doch schon jetzt hat die EU-Kommission ihre Konsultation zu Anwendung und Zukunft der Vers-GVO gestartet. Dabei hat sie einen Fragebogen erarbeitet. 

Wie soll es mit der Freistellung weitergehen?

Verbände und andere Interessenvertreter können zum „Funktionieren und zur Zukunft der Gruppenfreistellungsverordnung für den Versicherungssektor“ ihre Stellungnahme der EU-Kommission vorlegen. Ferner möchte die Kommission Aufschluss über Marktentwicklungen erhalten und erfahren, ob die Verordnung nach Ansicht der Interessenträger ganz, zum Teil oder nicht verlängert werden sollte. 

Antworten können bis zum 4. November 2014 übermittelt werden, teilt die EU-Kommission mit. Die Antworten sollen dann in einen Bericht zur Vorlage beim Europäischen Parlament und beim Rat Ende März 2016 einfließen. „Eine Gruppenfreistellungsverordnung ist ein spezielles Rechtsinstrument“, so die EU-Kommission.

Die Kommission müsse feststellen, ob sich die Versicherungswirtschaft von anderen Wirtschaftszweigen, für die es keine Gruppenfreistellungsverordnung gebe, erheblich unterscheide, so dass spezifische Regeln erforderlich seien. Daher, schreibt die Kommission, „muss die Gruppenfreistellungsverordnung für die Versicherungswirtschaft in regelmäßigen Abständen überprüft werden“. 

Nach altem europäischem Kartellrecht mussten die Versicherer noch jede Form der wettbewerbsrelevanten Zusammenarbeit einzeln anmelden. Seit der Reform des EU-Kartellrechts im Jahre 2004 ist die Kooperation jedoch auch ohne vorherige Anmeldung bei den Kartellbehörden möglich.

Versicherungswirtschaft für eine Verlängerung

Der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) wird sich in seiner Stellungnahme gegenüber der EU-Kommission für eine Verlängerung der aktuellen GVO einsetzen. Die Vers-GVO 2010 habe sich bewährt. „Sie ist für die Verbandsarbeit sehr wertvoll, weil sie Rechtssicherheit gibt. Die Freistellung von bestimmten Statistiken vom Kartellverbot gibt uns die Gewissheit, dass unsere Arbeit kartellrechtlich einwandfrei ist“, so der Versichererverband. 

Gerade in einem Bereich mit so viel Rechtsunsicherheit wie dem Kartellrecht sei dies besonders wichtig. Im Bereich der Freistellung von Statistiken ist der Verband selbst betroffen. Der andere von der Vers-GVO 2010 umfasste Bereich sind die Mitversicherungsgemeinschaften. Bei den Mitversicherungsgemeinschaften läuft die Zusammenarbeit aber nicht unter Beteiligung des GDV ab.

Ein Beispiel aus dem Bereich Statistik verdeutlicht, wie wichtig die unternehmensübergreifende Zusammenarbeit ist. Der GDV erhält zu bestimmten Produkten von seinen Mitgliedsunternehmen Vertrags- und Schadeninformationen in Form standardisierter Datensätze. Diese werden vom Verband verarbeitet und zu anonymisierten und aggregierten Kalkulationsstatistiken aufbereitet. Die fertigen Statistiken werden den Mitgliedsunternehmen wieder zur Verfügung gestellt. Daraus seien einzelne Versicherungsunternehmen aber nicht identifizierbar, versichert der GDV.

Versicherungsunternehmen können nun auf Grundlage dieser Marktstatistiken ihre Risikokalkulation adjustieren oder werden teilweise auch erst in die Lage versetzt, bestimmte Risiken zu kalkulieren. Dies komme vor allem kleineren und mittleren Unternehmen zugute, die über unzureichende eigene Datenbestände verfügten. Davon profitierten auch die Verbraucher, da umfassende Statistiken eine genauere Prämienkalkulation ermöglichten. (ucy)

Dieser Artikel von mir erschien zuerst auf der Seite asscompact.de.

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