Mittwoch, 8. Mai 2013

BGH erklärt zwei Ausschlussklauseln in der Rechtsschutzversicherung für unwirksam

Der für das Versicherungsvertragsrecht zuständige IV. Zivilsenat hat heute entschieden, dass die von zahlreichen Rechtsschutzversicherern in ihren Versicherungsbedingungen verwendete "Effektenklausel" und die "Prospekthaftungsklausel" unwirksam sind.


Im Beitrag "Rechtsschutzversicherung zwischen Transparenz und Produktivität" habe ich u.a. über die Klage der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen gegen die sogenannte "Effekten-Klausel" berichtet. Der Bundesgerichtshof hat sich, wie auch im Beitrag erwähnt, heute mit den Klauseln befasst. 


Nach diesen Klauseln gewähren Rechtsschutzversicherer ihren Versicherungsnehmern keinen Rechtsschutz "für die Wahrnehmung rechtlicher Interessen in ursächlichem Zusammenhang mit der Anschaffung oder Veräußerung von Effekten (z.B. Anleihen, Aktien, Investmentanteilen) sowie der Beteiligung an Kapitalanlagemodellen, auf welche die Grundsätze der Prospekthaftung anwendbar sind (z.B. Abschreibungsgesellschaften, Immobilienfonds)". 

Opfer der Lehman-Pleite wurden enttäuscht

Im Zuge der Finanzkrise haben viele Verbraucher herbe Verluste durch für sie ungeeignete Kapitalanlagen erlitten. Die Beratung, die solchen Anlagen vorausging, war in vielen Fällen fehlerhaft, da die Berater nicht auf die Risiken hingewiesen hatten. 

Wer seinen Schaden gegen den Berater geltend machen wollte, wurde oftmals ein zweites Mal enttäuscht. Denn eine Vielzahl von Assekuranzen lehnten den Versicherungsschutz unter Hinweis auf eine Klausel in ihren Verträgen ab, die Deckungsschutz bei Effektengeschäften oder Kapitalanlagemodellen versagte.
 

Unter Berufung hierauf ist also insbesondere zahlreichen Geschädigten der Lehman-Pleite der begehrte Deckungsschutz für die Verfolgung von Schadensersatzansprüchen im Zusammenhang mit dem Erwerb der Papiere verweigert worden.

Unverständliche Formulierung, mangelnde Transparenz

Die Verbraucherzentrale NRW forderte daraufhin insgesamt fünf Unternehmen auf, eine solche Klausel nicht mehr zu verwenden. In den Verfahren gegen die R+V Versicherung (Az.: IV ZR 84/12) und die WGV Versicherung (Az: IV ZR 174/12) hat der BGH die betreffende Klausel für intransparent und somit unwirksam erklärt. Das oberste Gericht führte aus, dass die Formulierung der Klausel für Verbraucher nicht verständlich sei und diese daher nicht abschätzen könnten, ob sie nun Versicherungsschutz genössen oder nicht.

Der BGH hat nunmehr den auf Unterlassung in Anspruch genommenen Versicherern in zunächst zwei Verfahren untersagt, diese Klauseln zu verwenden oder sich auf sie zu berufen, und anders lautende Entscheidungen der Vorinstanz geändert. Er hat festgestellt, dass die vorgenannten Klauseln wegen mangelnder Transparenz gemäß § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam sind, weil der durchschnittliche Versicherungsnehmer ihnen nicht hinreichend klar entnehmen kann, welche Geschäfte von dem Ausschluss erfasst sein sollen. 

Hierfür kommt es nur auf dessen Verständnis nach dem allgemeinen Sprachgebrauch des täglichen Lebens an, weil es sich weder bei "Effekten" noch bei "Grundsätzen der Prospekthaftung" um fest umrissene Begriffe der Rechtssprache handelt.

"Kunden sollen auf Rechtsschutz pochen"

Rechtskräftig wurde bereits im März ein Urteil des Oberlandesgerichtes München vom (Az.: 29 U 589/11) gegen die D.A.S. Rechtsschutzversicherung. Die von der Versicherung eingelegte Nichtzulassungsbeschwerde hat der BGH (AZ. IV ZR 211/11) verworfen.

Folge dieser Entscheidungen ist, dass Rechtsschutzversicherungen die Deckungszusage im Fall einer fehlerhaften Beratung zur Kapitalanlage nicht mehr verwehren dürfen. Die Verbraucherzentrale rät allen Opfern der Finanzkrise, die wegen Falschberatung gegen einen Berater vorgehen wollen, unter Hinweis auf diese BGH-Urteile auf eine Deckungszusage zu pochen.

Auch die Verbraucher, die trotz fehlendem Versicherungsschutz geklagt haben, sollten nun ihre Versicherung zur Kostenübernahme auffordern. Dies gilt auch für diejenigen, deren Prozess bereits rechtskräftig entschieden ist.


Quelle: Redigierte Pressemitteilung des BGH; redigierte Pressemitteilung der Verbraucherzentrale Nordhein-Westfalen.

Urteil des IV. Zivilsenats vom 08.05.2013 - IV ZR 174/12 -, Urteil des IV. Zivilsenats vom 08.05.2013 - IV ZR 84/12.