Die Einhaltung von Regeln, Compliance, nimmt in der Assekuranz einen hohen Stellenwert ein. Die praktische Umsetzung des Compliance-Management erfolgt jedoch eher zögerlich. Mit internen Selbstverpflichtungen, Leitlinien und Regelwerken versuchen immer mehr Versicherer, das gesetzkonforme Verhalten ihrer Mitarbeiter sicherzustellen.
Die Anfang dieser Woche von der ERGO Versicherungsgruppe AG bekanntgegebenen Verfehlungen eigener und externer Mitarbeiter, werfen einen beispielhaften Blick auf die Wichtigkeit der Einhaltung von Regeln.
Mit Selbstverpflichtungen, Leitlinien und Regelwerken versuchen immer mehr Versicherer, das gesetzkonforme Verhalten ihrer Mitarbeiter sicherzustellen. All diese Bemühungen werden unter dem Begriff "Compliance" zusammengefasst.
"Natürlich kennen wir nicht selbst immer alle Missstände", schreibt ERGO-Chef Dr. Torsten Oletzky in einem offenen Brief. "Und selbst die besten Regelwerke", bekennt Oletzky, "werden nicht verhindern, dass es auch künftig zu Fehlverhalten kommt."
GDV: "Compliance sollte Teil der Unternehmenskultur sein"
Um jedoch Fehlverhalten weitreichend vorzubeugen und der Einhaltung von Regeln den entsprechenden Stellenwert zuzumessen, sollte die Compliance "daher an der Spitze beginnen und Teil der Unternehmenskultur sein."
Dies empfiehlt der GDV in einem Praxisleitfaden mit dem Titel "Compliance im Erst- und Rückversicherungsunternehmen". Anfang des Jahres hat der Branchenverband für seine Verbandsmitarbeiter sogar einen verbindlichen "GDV Compliance-Leitfaden" konzipiert.
GDV: "Compliance sollte Teil der Unternehmenskultur sein"
Um jedoch Fehlverhalten weitreichend vorzubeugen und der Einhaltung von Regeln den entsprechenden Stellenwert zuzumessen, sollte die Compliance "daher an der Spitze beginnen und Teil der Unternehmenskultur sein."
Dies empfiehlt der GDV in einem Praxisleitfaden mit dem Titel "Compliance im Erst- und Rückversicherungsunternehmen". Anfang des Jahres hat der Branchenverband für seine Verbandsmitarbeiter sogar einen verbindlichen "GDV Compliance-Leitfaden" konzipiert.
"Indem wir unser Handeln an einen hohen ethischen und rechtlichen Standard ausrichten, schaffen wir Vertrauen und vermeiden von vornherein imageschädigende Konfliktsituationen", erläutert Dr. Jörg Freiherr Frank von Fürstenwerth, Vorsitzender der Hauptgeschäftsführung des GDV.
Fremdwort Compliance und Non-Compliance? In diesem Video erhalten Sie eine kurzweilige Einführung.
Systematische Umsetzung der Regeltreue erfolgt zögerlich
Für ihre Untersuchung zum "Compliance Management als stetig wachsende Herausforderung für Versicherungen" kam die Beratungsfirma BearingPoint GmbH aus Frankfurt zu für die Assekuranz ernüchternden Ergebnissen.
Trotz der stetig wachsenden Flut an Vorgaben zum Beispiel aus Solvency II, dem Datenschutz oder aus der Geldwäscheprävention seien die Versicherungsunternehmen bei ihrem Compliance-Management noch sehr schwach aufgestellt.
Bei den meisten Versicherern (94 Prozent) sei zwar die Verantwortung für Compliance im oberen Management angesiedelt. Eine systematische Umsetzung der Regeltreue erfolge dennoch eher zögerlich.
Dieses Resultat deckt sich mit der selbstkritischen Aussage von Ergo-Chef Oletzky, der eigene Fehler einräumt. "Wir haben verstanden, dass wir unseren eigenen Ansprüchen an eine transparente Kommunikation nicht in allen Punkten gerecht geworden sind."
Zunehmende Medien- und Kundensensibilität bei Verstößen
Der Befragung unter führenden deutschen Erst- und Rückversicherern zufolge, deren Ergebnisse die BearingPoint GmbH Mitte Juni dieses Jahres vorstellte, erfolge die Kontrolle von Vorschriften bei 70 Prozent der Unternehmen manuell.
Nur sieben Prozent der Versicherer lassen sich von IT-Systemen bei der Regeltreue unterstützen. Und rund ein Viertel der Befragten kontrollierten betriebsinterne Vorgänge überhaupt nicht.
"Systematisches Compliance-Management ist für Versicherer noch ein relativ junges, aber äußerst wichtiges Thema", sagt Oliver Engelbrecht von BearingPoint. „Sowohl wegen der anstehenden Solvency II-Richtlinien als auch wegen der zunehmenden Medien- und Kundensensibilität bei tatsächlichen oder auch nur vermuteten Regelverstößen stehen viele Versicherer vor der Herausforderung, ein systematisches Compliance-Management zu etablieren und ihre Compliance-Abläufe auszubauen."
ERGO baute erst Anfang 2012 eigene Compliance-Abteilung
Dass trotz der hohen Relevanz der Compliance, die ihr die Assekuranz selbst zuschreibt, überrascht die Folgerung, dass der Studie zufolge 68 Prozent der befragten Unternehmen über keine eigenständige Compliance-Abteilung geschaffen haben. In diesen Fällen wird das Compliance-Management durch die Rechtsabteilung betreut.
Dies war bis vor kurzem auch bei der ERGO noch der Fall. Im aktuellen Ergo-Geschäftsbericht 2011 begrüßt es der Aufsichtsrat, "dass ab 01. Januar 2012 die Funktion Compliance bei der Rechtsabteilung herausgelöst und in eine eigene Einheit im Ressort des Vorstandsvorsitzenden überführt wird."
Zäher Informationsfluss zu betrieblichen Vorgängen
Ein weiteres Defizit sieht die Studie im "begrenzten" Zugang zu aktuellen Informationen und "technischen Mitteln zur Überprüfung gesetzlicher Bestimmungen und des Rechtsumfelds." So führten 75 Prozent der befragten Versicherer lediglich "sporadisch" Schulungen zum Compliance-Management durch.
Die Kosten für das Compliance-Management bezifferten 88 Prozent der Studienteilnehmer mit weniger als ein Prozent des Prämienvolumens. „Eine unrealistische Einschätzung, denn die derzeit geringen Kosten bei zunehmenden regulatorischen Anforderungen sind ohne entsprechende technologische Investitionen nicht zu halten“, sagt Engelbrecht.
ERGO-Vorstand Oletzky macht Compliance zur Chefsache
Was die Ausgaben für Wettbewerbsreisen bei der ERGO angeht, stellten diese "mit einem Anteil von weniger als einem Prozent zwar nur einen kleinen Teil der Vertriebskosten dar", klärt ERGO-Vorstand Oletzky auf.
Für ihre Untersuchung zum "Compliance Management als stetig wachsende Herausforderung für Versicherungen" kam die Beratungsfirma BearingPoint GmbH aus Frankfurt zu für die Assekuranz ernüchternden Ergebnissen.
Trotz der stetig wachsenden Flut an Vorgaben zum Beispiel aus Solvency II, dem Datenschutz oder aus der Geldwäscheprävention seien die Versicherungsunternehmen bei ihrem Compliance-Management noch sehr schwach aufgestellt.
Bei den meisten Versicherern (94 Prozent) sei zwar die Verantwortung für Compliance im oberen Management angesiedelt. Eine systematische Umsetzung der Regeltreue erfolge dennoch eher zögerlich.
Dieses Resultat deckt sich mit der selbstkritischen Aussage von Ergo-Chef Oletzky, der eigene Fehler einräumt. "Wir haben verstanden, dass wir unseren eigenen Ansprüchen an eine transparente Kommunikation nicht in allen Punkten gerecht geworden sind."
Zunehmende Medien- und Kundensensibilität bei Verstößen
Der Befragung unter führenden deutschen Erst- und Rückversicherern zufolge, deren Ergebnisse die BearingPoint GmbH Mitte Juni dieses Jahres vorstellte, erfolge die Kontrolle von Vorschriften bei 70 Prozent der Unternehmen manuell.
Nur sieben Prozent der Versicherer lassen sich von IT-Systemen bei der Regeltreue unterstützen. Und rund ein Viertel der Befragten kontrollierten betriebsinterne Vorgänge überhaupt nicht.
"Systematisches Compliance-Management ist für Versicherer noch ein relativ junges, aber äußerst wichtiges Thema", sagt Oliver Engelbrecht von BearingPoint. „Sowohl wegen der anstehenden Solvency II-Richtlinien als auch wegen der zunehmenden Medien- und Kundensensibilität bei tatsächlichen oder auch nur vermuteten Regelverstößen stehen viele Versicherer vor der Herausforderung, ein systematisches Compliance-Management zu etablieren und ihre Compliance-Abläufe auszubauen."
ERGO baute erst Anfang 2012 eigene Compliance-Abteilung
Dass trotz der hohen Relevanz der Compliance, die ihr die Assekuranz selbst zuschreibt, überrascht die Folgerung, dass der Studie zufolge 68 Prozent der befragten Unternehmen über keine eigenständige Compliance-Abteilung geschaffen haben. In diesen Fällen wird das Compliance-Management durch die Rechtsabteilung betreut.
Dies war bis vor kurzem auch bei der ERGO noch der Fall. Im aktuellen Ergo-Geschäftsbericht 2011 begrüßt es der Aufsichtsrat, "dass ab 01. Januar 2012 die Funktion Compliance bei der Rechtsabteilung herausgelöst und in eine eigene Einheit im Ressort des Vorstandsvorsitzenden überführt wird."
Zäher Informationsfluss zu betrieblichen Vorgängen
Ein weiteres Defizit sieht die Studie im "begrenzten" Zugang zu aktuellen Informationen und "technischen Mitteln zur Überprüfung gesetzlicher Bestimmungen und des Rechtsumfelds." So führten 75 Prozent der befragten Versicherer lediglich "sporadisch" Schulungen zum Compliance-Management durch.
Die Kosten für das Compliance-Management bezifferten 88 Prozent der Studienteilnehmer mit weniger als ein Prozent des Prämienvolumens. „Eine unrealistische Einschätzung, denn die derzeit geringen Kosten bei zunehmenden regulatorischen Anforderungen sind ohne entsprechende technologische Investitionen nicht zu halten“, sagt Engelbrecht.
ERGO-Vorstand Oletzky macht Compliance zur Chefsache
Was die Ausgaben für Wettbewerbsreisen bei der ERGO angeht, stellten diese "mit einem Anteil von weniger als einem Prozent zwar nur einen kleinen Teil der Vertriebskosten dar", klärt ERGO-Vorstand Oletzky auf.
Seitdem Oletzky das Verantwortungsfeld Compliance zur Chefsache gemacht hat, sind tatsächlich eine Reihe von konzernweiten Veränderungen ergangen.
Ein "Verhaltenskodex" erinnert beispielsweise an ethische Standards und eine "Incentive-Richtlinie" legt fest, dass schon heute keine Reisen außerhalb Europas stattfinden und die Teilnahme an Incentivereisen für Vertriebspartner nur noch mit dem Ehe- oder Lebenspartner gestaltet werden soll.
Durch externe Testkäufer soll die Beratungsqualität der ERGO-Vertriebspartner gemessen werden. In "Umweltleitlinien" wird die Verantwortung für den Umwelt- und Klimaschutz herausgestellt. Kriminelle Erscheinungsformen in der Wirtschaftswelt wie Korruption, Diebstahl, Betrug, Rechnungsmanipulation usw. soll im Rahmen des sogenannten "Anti-Fraud-Managements" vorgebeugt werden.
Neben den im Artikel enthaltenen Links, finden Sie auf folgenden Seiten weiterführende Informationen:
• "Im Fadenkreuz der Öffentlichkeit: Compliance-Kommunikation als Reputationsschutz", heisst eine im März dieses Jahres vorgestellte Studie.
• Die kostenfreie Online-Zeitschrift "Compliance" widmet sich monatlich auf qualitativ hohem Niveau den Neuigkeiten rund um das Compliance-Management.
Summary in English: The importance of compliance continues to go. But the practical implementation of the compliance management is progressing slowly. This is the result of a study that is discussed in the article. (ucy)
Ein "Verhaltenskodex" erinnert beispielsweise an ethische Standards und eine "Incentive-Richtlinie" legt fest, dass schon heute keine Reisen außerhalb Europas stattfinden und die Teilnahme an Incentivereisen für Vertriebspartner nur noch mit dem Ehe- oder Lebenspartner gestaltet werden soll.
Durch externe Testkäufer soll die Beratungsqualität der ERGO-Vertriebspartner gemessen werden. In "Umweltleitlinien" wird die Verantwortung für den Umwelt- und Klimaschutz herausgestellt. Kriminelle Erscheinungsformen in der Wirtschaftswelt wie Korruption, Diebstahl, Betrug, Rechnungsmanipulation usw. soll im Rahmen des sogenannten "Anti-Fraud-Managements" vorgebeugt werden.
Neben den im Artikel enthaltenen Links, finden Sie auf folgenden Seiten weiterführende Informationen:
• "Im Fadenkreuz der Öffentlichkeit: Compliance-Kommunikation als Reputationsschutz", heisst eine im März dieses Jahres vorgestellte Studie.
• Die kostenfreie Online-Zeitschrift "Compliance" widmet sich monatlich auf qualitativ hohem Niveau den Neuigkeiten rund um das Compliance-Management.
Summary in English: The importance of compliance continues to go. But the practical implementation of the compliance management is progressing slowly. This is the result of a study that is discussed in the article. (ucy)