Freitag, 8. November 2013

Die Crux mit den Vergleichsportalen

Sind die Internet-Vergleichsportale Aufklärer oder Verbraucherverführer? Fest steht: Am Internet geht künftig kein Weg mehr vorbei. Und: Bei den Portalen gibt es Preisunterschiede. Das sind Ergebnisse zweier aktueller Studien zu Versicherungs-Vergleichsportalen. 


Vergleichsportale im Internet erfreuen sich wachsenden Zulaufs von Verbrauchern. „Auch beim Abschluss von Kfz-Versicherungen geht am Internet künftig kein Weg mehr vorbei“, stellte Professor Horst Müller-Peters vom Institut für Versicherungswesen an der Fachhochschule Köln kürzlich bei einer Veranstaltung zum Thema „Wechselverhalten von Kfz-Versicherungskunden“ in Köln fest. 

Immer mehr deutsche Autofahrer nutzen demnach die einschlägigen Internetportale zum Preisvergleich, bevor sie einen neuen Vertrag abschließen. Vielfach geben die Internetportale aber auch erst den Anstoß, zu einem anderen Versicherer zu wechseln, fand Professor Müller-Peters in einer aktuellen Studie heraus.

Abschluss bei Vermittlern von 75 auf 40% gesunken




Nach jüngsten Zahlen nahmen die Online-Abschlüsse bei Kfz-Versicherungen im Zeitraum 2007 bis heute von 9 auf 23 Prozent zu. Gleichzeitig verminderte sich die Zahl derjenigen, die ihr Fahrzeug bei einem Versicherungsvertreter, -makler oder in der Geschäftsstelle eines Unternehmens versicherten, von zuvor 75 auf nur noch 40 Prozent. Beide Wege nutzen laut Statistik inzwischen 37 statt früher 16 Prozent der Versicherungskunden – sie informieren sich im Internet und kaufen ihre Police dann offline.

Diese sogenannten hybriden Nutzer seien zusätzliche Online-Kunden von morgen, prognostizieren die Betreiber der Vergleichsportale. Sie setzen zudem darauf, dass insbesondere die jüngeren Autofahrer, die mit dem Internet groß geworden sind, als Neu-Kunden ihre Kfz-Versicherung verstärkt online abschließen werden. „Der digitale Konsument krempelt den Kfz-Versicherungsmarkt um“, brachte Professor Müller-Peters die Situation auf den Punkt.

Doch werden die Portale den Verbraucher-Erwartungen auch gerecht? Denn dem sparwilligen Autofahrer kann es passieren, dass er die tatsächlich preisgünstigsten Angebote gar nicht angezeigt bekommt, weil bestimmte Versicherer auf dem einen oder anderen Portal gar nicht berücksichtigt werden. 

„Die Internet-Portale bieten grundsätzlich nur einen Ausschnitt des gesamten verfügbaren Preisangebots“, erläuterte Marco Morawetz von Gen Re Consulting. Marktbeobachter und Verbraucherschützer raten diesen Kunden nicht umsonst unisono, immer auch die Ergebnisse mehrerer Internetvergleichsplattformen miteinander zu vergleichen, weil eine Marktlenkung aufgrund eigener Interessen der Plattformen nicht auszuschließen sei.

Kritik an Einzelvergleichen der Medien


„Alles in allem können Autofahrer, die auf der Suche nach der für sie preiswertesten Kfz-Versicherung sind, bei den Vergleichsportalen einen guten Marktüberblick bekommen“, betonten übereinstimmend Johannes Hack, Vorstandsvorsitzender des Transparo-Betreibers Aspect Online AG, und Björn Weikert, Mitglied des Vorstands der Check24 AG. Weikert hob hervor, dass beim Vergleich der Plattformen auch deren unterschiedliche Service- und Beratungsleistungen berücksichtigt werden müssten. Detlef Frank, Vorstandsmitglied der HUK24, sprach sich für die Einführung eines Qualitätszeichens für Vergleichsportale aus. Eine solche Kennzeichnung könne als Leitfaden für die Verbraucher hilfreich sein, so Frank.

Wie in der Gen Re-Untersuchung im Auftrag des Goslar Instituts ebenfalls deutlich wurde, ist beim Kfz-Versicherungsvergleich im Internet auch aus methodischen Gründen ein Kontrollcheck der Empfehlungen möglichst mehrerer Vergleichsportale angesagt. Denn die Policen müssten wirklich individuell auf den einzelnen Autofahrer und sein Fahrzeug zugeschnitten und berechnet werden. „Dafür müssten allerdings rein rechnerisch weit mehr als 10 Trillionen Risiko-Kombinationen einbezogen werden, das ist eine Zahl mit 19 Nullen“, wie Marco Morawetz von Gen Re Consulting verdeutlichte.

Nach seinen Worten besitzt somit jeder Versicherungsnehmer jeweils eine eigenständige „Tarif-DNA“, die sich bei Vergleichen im Internet, aber auch in den Medien, nur schwer darstellen lässt. Stattdessen wird diese Komplexität - notgedrungen - vereinfacht und auf vier bis maximal 10 Musterkunden „eingedampft“. „Solche willkürlichen Einzelvergleiche aufgrund einer einzigen, oft willkürlich ausgewählten „Risiko-DNA“ sind jedoch problematisch weil leicht manipulierbar“, warnte Gen Re-Experte Morawetz. 

Denn schon bei nur wenigen Veränderungen der Parameter ergäben sich gleich ganz andere Tarife für den einzelnen Kunden - mit meist auch neuen Angeboten von anderen Versicherern. Daher seien derartige Einzelvergleichen, wie sie in Medien häufig publiziert werden, letztlich ohne Aussagekraft für den Versicherungskunden, stellte Morawetz fest. (ucy