Montag, 14. Oktober 2013

Demografischer Wandel: bAV als Vertriebschance

Unter dem Motto „begehrt, anhaltend, variabel – bAV 3.0“ diskutierten Experten über die Zukunft der betrieblichen Altersversorgung. Dass diese an Aufwind gewinnen werde, wurde gleich auf mehrere Gründe zurückgeführt. Trotz dieser für die Branche hoffnungsfrohen Erwartung, war der Ruf nach Reformen doch nicht zu überhören.


Die betriebliche Altersversorgung (bAV) wird in Zukunft an Bedeutung gewinnen. Grund für diese Aufwertung ist die fortschreitende Alterung der Gesellschaft – der demografische Wandel. Einen anderen Grund für den Zugewinn der bAV sehen Experten in der Arbeitswelt. 

Vor dem Hintergrund von Kürzungen in der gesetzlichen Rentenversicherung erwarten Mitarbeiter, dass ihr Arbeitgeber sie bei der Altersvorsorge unter die Arme greift. So lautete der Tenor der bAV-Konferenz der Unternehmensberatung Towers Watson, die am vergangenen Mittwoch in Frankfurt am Main ausgerichtet wurde.
   
Herausforderung niedrige Zinsen  

Vertreter namhafter Unternehmen wie E.ON, MAN, EnBW, Akzo Nobel, Linde, IBM oder Bosch stellten anhand ihrer Unternehmenspraxis Herausforderungen und mögliche Lösungen für die bAV vor. Für die Referenten kann die bAV ebenfalls Antworten auf wichtige sozialpolitische Fragen geben. 
So könne die bAV zum Beispiel in Verbindung mit Zeitwertkonten und Demografiefonds wesentlich zur Mobilisierung älterer Arbeitnehmer beitragen. Diese Werkzeuge zeigten gleichfalls Wege für einen flexiblen Übergang in den Ruhestand auf. 

Der demografische Wandel prägt unsere Gesellschaft - und erste Folgen sind bereits sichtbar, zum Beispiel als Arbeitskräftemangel in vielen Unternehmen, sagte Dr. Reiner Schwinger, Managing Director von Towers Watson Deutschland. Vielen Arbeitgebern und Mitarbeitern werde immer deutlicher bewusst, dass sich das Arbeitskräfteangebot, die Situation der Rentenkassen, die beruflichen Perspektiven vieler Menschen, kurz: alle Bereiche der Gesellschaft wesentlich veränderten, so Schwinger. 

Gleichzeitig stellten die aktuellen Rahmenbedingungen für die bAV die Unternehmen derzeit vor einige Herausforderungen. Der Unternehmensberatung zufolge klagten rund 60 Prozent der Unternehmen, dass die Niedrigzinsphase die Kosten für Festzinszusagen um 20 bis 50 Prozent erhöhe. 

Eine weitere Belastung für die bAV sieht das Unternehmen in der geplanten Finanztransaktionssteuer. Sie werde für deutsche Großunternehmen Mehrkosten für die bAV in Höhe von mehr als 500 Millionen Euro jährlich mit sich bringen, wie 45 Prozent der Konferenzteilnehmer schätzten. 

Forderungen an die Bundesregierung  

Auch nach Ansicht der Arbeitsgemeinschaft für betriebliche Altersversorgung e.V. (aba) wird die betriebliche Altersversorgung in Zukunft noch mehr zu den Alterseinkommen beitragen müssen, sollen Rentner ihren Lebensstandard halten können. Bereits in den Koalitionsverhandlungen müssten die richtigen Weichen gestellt werden, fordert der Verband. Eine wirksame Verbreitung sowie eine Verbesserung der Rahmenbedingungen auf nationaler und europäischer Ebene seien das Gebot der Stunde.

„Die Betriebsrente gehört ganz oben auf die to-do-Liste einer neuen Bundesregierung“, so der aba-Vorsitzende Heribert Karch auf der Konferenz. Bereits in die Koalitionsvereinbarung gehöre ein deutliches und unmissverständliches Bekenntnis zum System der kapitalgedeckten Altersversorgung. 

Die neue Koalition müsse den Reformstau abbauen und unerledigte Projekte angehen. Das Betriebsrentenrecht müsse entschlackt werden, so Karch. Auch die Betriebsrenten müssten wieder leichter administrierbar werden. Schließlich appellierte der aba-Vorsitzende für eine Anpassung der Rahmenbedingungen an das Niedrigzinsumfeld. Die EU-Niedrigzinspolitik erhöhe den Finanzierungsaufwand für die bAV ganz erheblich. Dem müsse der Gesetzgeber Rechnung tragen.

Der Verband mahnt ebenfalls eine Erhöhung der Förderung für Pensionskassen, Pensionsfonds und Direktversicherungen an, damit Arbeitgeber ihre Zusagen so gestalten könnten, dass Eigenvorsorge nicht verdrängt werde. Die Belastung von Betriebsrentenleistungen mit vollen Kranken- und Pflegeversicherungsbeiträgen müsse nach dem Willen der aba wieder rückgängig gemacht werden. Auf europäischer Ebene sieht die aba weitere Belastungen für Betriebsrenten zukommen. Nämlich in Form eines geänderten EU-Richtlinienvorschlages zur Begründung und Wahrung von Zusatzrentenansprüchen. (ucy)