Dienstag, 15. Oktober 2013

EU-Kommission: Solvency II ab 01.01.2016 anwenden

Die Europäische Kommission hat in einer Richtlinie vorgeschlagen, das Aufsichtsregime Solvency II ab dem 01.01.2016 anzuwenden. Bis zum 31.01.2015 soll der Vorschlag in den Mitgliedstaaten umgesetzt werden. Er bringe keinerlei zusätzliche Verpflichtungen für Versicherer mit sich, so die EU-Kommission.


Die neuen Vorschriften legten das Fundament für einen sicheren und soliden Versicherungssektor, der in der Lage sei, nachhaltige Produkte anzubieten und die Realwirtschaft durch langfristige Investitionen und zusätzliche Stabilität zu stützen, heißt es in der Richtlinie. Den Aufsichtsbehörden und den Versicherungs- und Rückversicherungsunternehmen müsse eine gewisse Zeit eingeräumt werden, um sich auf die Anwendung von Solvency II vorzubereiten.

Solvency II ein letztes Mal verschieben


„Daher wird vorgeschlagen, den Geltungsbeginn von Solvabilität II ein letztes Mal auf den 01.01.2016 zu verschieben“, schreibt die Europäische Kommission. So werde es möglich, die aufsichtsrechtlichen Genehmigungsverfahren, beispielsweise zur Genehmigung interner Modelle und unternehmensspezifischer Parameter, einzuleiten. 


Die Kommission empfiehlt, angesichts des bis zum 01.01.2014 verbleibenden äußerst knappen Zeitraums die vorgeschlagene Richtlinie vom Europäischen Parlament und vom Rat im Dringlichkeitsverfahren zu verabschieden und unverzüglich in Kraft treten zu lassen.

Zum gegenwärtigen Zeitpunkt nichts zu unternehmen hätte laut EU-Kommission ab dem 01.01.2014 eine überaus unsichere Rechtslage zur Folge. Denn es käme zu einer Diskrepanz zwischen dem Rechtssystem der EU („Solvabilität II“) und dem der Mitgliedstaaten, in denen Solvency I in der jeweiligen Umsetzung in Kraft bliebe. Dies würde für Aufsichtsbehörden, Unternehmen und Mitgliedstaaten zu Rechtsunsicherheit führen. 


„Ich habe mir immer eine schnelle Umsetzung von Solvency II gewünscht“, sagte EU-Kommissar Michel Barnier. Der ursprüngliche Termin 01.01.2014 zur Einführung von Solvency II sei einfach nicht mehr haltbar gewesen. „Wir haben deshalb diese Verschiebung vorgeschlagen, um eine rechtliche Unsicherheit, vor allem für die Unternehmen und Aufsichtsbehörden, zu vermeiden“, so Barnier.

EIOPA drückt aufs Gaspedal


Ende September hat die europäische Aufsichtsbehörde für Versicherungen EIOPA Leitlinien für die Teileinführung von Solvency II veröffentlicht. Die Herausforderungen, oft technischer Natur, seien groß. Aber den Versicherern bleibe zur Umsetzung vergleichsweise wenig Zeit, lautet die Einschätzung von Thorsten Henkel vom Beratungsunternehmen Towers Watson


Die Fragen seien berechtigt, so Henkel: Welchen Mehrwert bringe die Implementierung der Leitlinien für das Risikomanagement, wenn bislang entscheidende Fragen zur Kapitalhinterlegung bei klassischen Lebensversicherungsprodukten noch nicht endgültig geklärt seien? Wieso sollte es nicht ausreichen, mit geringem Aufwand zu starten und dann sukzessiv die Qualität zu verbessern, wenn doch zunächst ohnehin keine aufsichtsrechtlichen Konsequenzen zu befürchten seien?

Auch der Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft e.V. (GDV) beurteilt den Zeitplan EIOPAs als „sehr ambitioniert“. Zwischen der Veröffentlichung der finalen Leitlinien und dem Anwendungsbeginn lägen lediglich zwölf Wochen, so der GDV. Zwar betone EIOPA, dass es nicht zu einer vollumfänglichen ad hoc Anwendung aller Regeln vom Starttag an kommen solle. Dennoch sei laut GDV ein enormer Umsetzungsdruck für die Versicherer zu befürchten. Um dies zu vermeiden sei es sehr wichtig, dass auch im Rahmen der Vorbereitungsmaßnahmen ausreichend Zeit gewährt werde, die neuen Regeln umzusetzen und Systeme und Prozesse anzupassen. Der Branchenverband hält hierfür einen Zeitraum von 12 bis 18 Monaten zwischen der Finalisierung des Regelwerks und dessen Anwendungsbeginn für notwendig.

Für Berater Henkel ist mit den veröffentlichten EIOPA-Leitlinien die Messlatte für eine Zukunft mit Solvency II gelegt. Eine europaweit konsistente Vorbereitung auf das Mammutprojekt sei sichergestellt und die wichtigsten Aspekte des prinzipien- und risikobasierten Aufsichtssystems müssten nun in den Unternehmen gelebt werden. Doch die Versicherer plage noch die derzeitige Unsicherheit, wie streng die Aufsicht die Leitlinien in ihren Prüfungen auslegen wird und welche Maßnahmen hinsichtlich klassischer Lebensversicherungsprodukte auf politischer Ebene ergriffen würden bzw. mit welchen Zwischenlösungen hier gearbeitet werden solle. (ucy)


Quelle: Dieser Artikel von mir erschien zuerst auf der Seite asscompact.de