Donnerstag, 16. Januar 2014

Brüssel entscheidet über Zukunft des Versicherungsvertriebs

Im Mai dieses Jahres sind die Bürger in der EU aufgerufen, das Europäische Parlament zu wählen. Die Wahl steht unter dem Zeichen der schwersten Wirtschafts- und Finanzkrise. Die Europawahl entscheidet damit auch über den künftigen Kurs der deutschen Versicherungswirtschaft. Zwei Vorhaben, die die Regulierung der Versicherungsvermittlung betreffen, zeigen beispielhaft das Gewicht europäischer Gesetzgebung.


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n Deutschland sind die europäischen Bürger am 25.05.2014 aufgerufen, das Europäische Parlament zu wählen. Gewählt werden 751 Europa-Abgeordnete, die die Interessen der 507 Millionen Europäer aus 28 Staaten vertreten sollen. Die Bevölkerungsgröße der einzelnen Mitgliedsstaaten bestimmt dabei die Anzahl der Abgeordneten. 

Aus den "kleinsten" EU-Staaten kommen sechs Europa-Abgeordnete, die mit Abstand meisten Europa-Abgeordneten kommen aus Deutschland, nämlich 96, dem bevölkerungsreichsten EU-Mitgliedsstaat. Österreich ist mit 18 Europa-Abgeordneten im EU-Parlament vertreten, Belgien mit 21 und Luxembourg mit sechs Abgeordneten. 

Die kommende Wahl gilt als die „bislang wichtigste Europawahl überhaupt“, ist auf den Seiten des Europäischen Parlaments zu lesen. 

Regulierung der Versicherungsvermittlung – IMD II

Tatsächlich steckt „Old Europe“ noch mitten in der Bewältigung seiner schwersten Wirtschafts- und Finanzkrise. Auch der Vertrieb von Versicherungsprodukten ist in den vergangenen Jahren dabei immer mehr aus Brüssel (mit)gestaltet worden. Wichtige Regelungen der Versicherungsvermittlung harren ihrer Vollendung. So auch die Regeln zur Versicherungsvermittlung (IMD2 – Insurance Mediation Directive). Die Novellierung der Richtlinie sollte planmäßig nächstes Jahr in Kraft treten. 

Die Diskussionen haben jedoch bisher noch nicht einmal den für die IMD2-Richtlinie zuständigen Ausschuss für Wirtschaft und Währung (ECON) verlassen. Wichtige Fragen müssen noch geklärt werden, bis die Reform ihren weiteren Gesetzesweg zu Parlament, Rat und Kommission (Trilog) der EU geht. Zweifel sind deshalb angebracht, ob die EU-Parlamentarier die Richtlinie bis zur Wahl durchpeitschen können.

In welchen Sparten sollen Vermittler verpflichtet werden, ihre Provision offenzulegen? Bezieht die Vergütungstransparenz auch die Aufklärung des Kunden ein, ob der Vermittler für das beworbene Produkt Gratifikationen bekommt bzw. dieses zur Zielerreichung förderlich ist? Und wird es wirklich zu einem Provisionsannahmeverbot kommen? 

Neben der IMD2-Richtlinie ist auch bei einem weiteren Reformvorhaben das letzte Wort noch nicht gesprochen: Bei der Verordnung über Basisinformationsblätter für Anlageprodukte (PRIPs – Packaged Retail Investment Products). 

Produktvergleich durch Kurzinformationen – PRIPs 

Bei diesem Vorschlag der Europäischen Kommission geht es im Kern um die Frage, welche Informationen Verbraucher an die Hand gegeben werden sollen, um den Kauf eines Finanzproduktes selbstständig beurteilen zu können. Die deutsche Versicherungswirtschaft hatte kritisiert, dass die EU-Kommission hier alle Produkte über einen Kamm schere, die nicht vergleichbar seien. 

Der Definition der Europäischen Kommission zufolge würden in Deutschland klassische und fondsgebundene Renten- und Lebensversicherungen künftig wie Investmentprodukte behandelt, kritisierte z.B. der Branchenverband GDV und schlug vor, Altersvorsorgeprodukte aus dem Anwendungsbereich des Verordnungsvorschlags auszuschließen. 

Am 20.11.2013 haben die Mitglieder des Europäischen Parlamentes über den Entwurf der Kommission für das sogenannte Kundeninformationsblatt (KID), das für Finanzanlageprodukte für Kleinanleger (PRIPS) gelten soll, abgestimmt. Dieses KID ist eine verpflichtende Kundeninformation über das Produkt.

Neben dem KID soll es zusätzlich nach dem Willen des Europäischen Parlamentes ein Beiblatt geben, aus dem u.a. auch alle Kosten in Verbindung mit den Anlageprodukten ausgewiesen werden, einschließlich der Provisionen und Honorare. Entscheidend in diesem Zusammenhang ist nach Ansicht des Bundesverbandes Deutscher Versicherungskaufleute (BVK) zum einen, dass dieses KID nur für Finanzanlageprodukte gilt. Die Lebensversicherung fiele danach nicht darunter und sei bislang in der Diskussion um PRIPS-Produkte nicht erwähnt worden. 

Vielfalt nationaler Vergütungssysteme erhalten

Eine finale Entscheidung ist allerdings auch hier nicht gefallen. Das Parlament hat lediglich in erster Sitzung über den Entwurf abgestimmt, so dass der sogenannte Trilog, das heißt die Gespräche des Parlaments mit dem Europäischen Ministerrat und der Europäischen Kommission beginnen können. Diese sind für dieses Frühjahr angesetzt. Erfahrungsgemäß wird insbesondere der Ministerrat noch Änderungen vornehmen.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Branche sich für die Vielfalt der nationalen Vergütungssysteme der Vermittler einsetzt. Eine einseitige Bevorzugung einer ausschließlichen Vergütung des Vermittlers durch den Kunden lehnt die Assekuranz ab. Auch eine Offenlegung der variablen Vergütung von vermittelnden Angestellten sei wenig hilfreich. (ucy)